Ein Interview mit der Sportlehrerin und Fitnesstrainerin Elisa Dambeck
Der Veganuary hat nun schon im achten Jahr in Folge alle Rekorde gesprengt: So viele Teilnehmende und beteiligte Unternehmen, die Produktneuheiten gelauncht haben, gab es noch nie. Über 600.000 Anmeldungen zählte die weltweite Bewegung 2022. Deutschland rangierte dabei auf Platz vier hinter den USA, Großbritannien und Indien.
Die internationale Organisation Veganuary hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen auf der ganzen Welt – auf Basis von Rezepten, Aufklärung und Tipps – zu ermutigen, sich im Januar (und gerne auch in den weiteren Monaten) vegan(er) zu ernähren. [Du möchtest mehr über den Veganuary erfahren? Schau dir die Homepage Veganuary – Home an und lies dir den Kampagnenbericht von 2021 durch: Kampagnenberichte – Veganuary.]
Was mich dabei immer besonders freut, ist, wenn sich aus unserem Umfeld Freund*innen ebenfalls inspirieren bzw. sich – wie auch schon im letzten Jahr – durch uns begleiten lassen. Wenn diese dann auch noch aus dem Fitnessbereich kommen und sich trotz der immensen Gefahr, Proteinmangel zu erleiden (Scherz), mutig der Herausforderung stellen, dann sorgt das für einen Freudenhupser bei mir.
Eine dieser wagemutigen Personen ist Elisa Dambeck, Gymnasiallehrerin für Deutsch und Sport sowie Fitnesstrainerin aus Leidenschaft. Wir kennen uns aus gemeinsamen Sportkursen in Jena. Als Asics Frontrunnerin ist sie außerdem sehr aktiv auf Instagram (Elisa Dambeck (@elisadambeckfitness) • Instagram-Fotos und -Videos), wo sie ihr Wissen im Bereich Krafttraining weitergibt. Schon zum dritten Mal in Folge ist sie beim Veganuary dabei und mich hat es nun brennend interessiert, welche Erfahrungen sie gemacht hat und ob sie auf dieser Basis als Sportlerin eine pflanzliche Ernährung befürwortet.
Warum hast du am Veganuary teilgenommen?
Tatsächlich ist die Teilnahme am Veganuary für mich schon eine Art Tradition geworden, bei der ich jedes Jahr dazulerne. Dieses Mal war die Umstellung kaum noch ein Thema.
Der Dezember ist bei mir immer eine “ESSkalation”: Nikolaus, Geburtstage, Weihnachtsfeiertage, Silvester… Ich lasse im Dezember immer locker, nasche mehr, gönne mir was, trainiere weniger. Ich fühle mich zwar dann auch nicht so fit, aber meine Familie und ich essen alle auch einfach unfassbar gern und da geht das für mich in Ordnung. Nach der fleischlastigen Völlerei im Dezember ist der Januar für mich dann ein gutes Kontrastprogramm, eine Kurskorrektur, mich wieder gesünder zu ernähren.
Siehst du vegan denn als Diät?
In meinem Fall wirkt es sich so aus, weil einige Snacks zwischen den Mahlzeiten wegfallen. Ich bin ein Riegel-Fan und die veganen schmecken mir nicht so. Der Veganuary hilft mir, etwas abzunehmen, zurück zur gesunden Ernährung zu finden und dadurch eine gewisse Leichtigkeit zurückzugewinnen.
Ich muss aber auch sagen, dass ich generell super neugierig bin und schon verschiedene Ernährungsformen ausprobiert habe: Intervallfasten, vegetarisch, Low Carb… z. T. einfach deshalb, um die Kundenperspektive einzunehmen: Mich fragen meine Kund*innen im Personal Training ja immer mal nach grundsätzlichen Tipps zu gesunder Ernährung. Und da will ich zumindest wissen, wovon ich rede.
Deine Teilnahme am Veganuary ist also bei dir eher “körperlich” motiviert, was nicht unüblich für Sportler*innen ist. Die schauen ja häufig nach Auswirkungen auf die eigene Leistungsfähigkeit und das Körpergefühl, wenn sie Dinge im Trainingsplan oder der Ernährung anpassen. Apropos Plan: Wie bist du rangegangen? Hast du vorher alles aufgebraucht? Hast du einfach losgelegt oder dir einen Plan geschmiedet?
Die Devise war: “Und los!” Ich bin ein Fan von “einfach machen” und generell keine Mahlzeitenplanerin. Ich zaubere eher was aus dem, was da ist. Zur Vorbereitung habe ich mir trotzdem das Kochbuch von Deliciously Ella geschnappt und Rezepte rausgesucht als Grundlage einer ersten Einkaufsliste. Cool bei ihren Rezepten ist, dass die alle ohne Ersatzprodukte oder komplizierte Zutaten sind. Die Gerichte haben alle zu 100% geschmeckt. Ansonsten habe ich mir noch einen großen Fundus an Hülsenfrüchten zugelegt und Konserven aufgestockt. Obst und Gemüse habe ich sowieso immer da. Ich lieb’s ja, durch die Regale zu tingeln und ein “neues Auge” für Produkte zu bekommen. Total verblüfft war ich, dass selbst der kleine Edeka in der sächsischen Kleinstadt nonstop Ansagen und Aufforderungen zur Teilnahme am Veganuary gebracht hat und die Regale voller veganer und Bioprodukte waren!
Da wird der Einkauf wieder zum Erlebnis! 😀 Ich sag ja immer: Die vegane Ernährung ist eine echt spannende und lohnende Entdeckungsreise! Welche Infos hast du eingeholt, um dich da nicht lost zu fühlen?
Meine Quellen während des Veganuarys waren mein Rezeptbuch, Instagram und du. Zu Vitamin B12 hatte ich noch etwas recherchiert und mir das zwischendurch auch bestellt.
Du hast ja auch nicht bei null angefangen dieses Mal, sondern schon zum dritten Mal mitgemacht. Dazu hast du mir im Vorfeld erzählt, dass du den Newsletter der Organisation Veganuary abonniert hattest. Wie nützlich fandest du die Begleitung während der 30-tägigen Challenge?
Ich fand den Newsletter toll, total hilfreich. Ich muss aber sagen: Meine Motivation ist eher Neugier und Gesundheit, die ethischen Gründe standen bisher nicht im Vordergrund. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich bisher vor Videos oder Dokus die Augen verschlossen habe. Mir wird dabei schlecht und ich schalte aus. Dieses Mal aber habe ich die Kurzvideos aus den Newslettern geguckt und es war z. T. so herzzerreißend schrecklich, dass mir die Tränen gekommen sind. Z. B. war einmal zu sehen, wie eine Kuh hinter dem Hänger hergerannt ist, auf dem ihre Kälber weggebracht wurden… Außerdem lese ich parallel das Buch von Madeleine Becker “Erstmal für immer. Vom Hörsaal in den Kuhstall”. Da stellt sie auch die Frage “Wieso unterscheiden wir zwischen Nutztieren und Haustieren?” Die Thematik sickert nach und nach zu mir durch. Es ist neu, dass ich mich damit auseinandersetze, welche Konsequenzen mein Essverhalten hat. Dabei bin ich wirklich tierlieb! Was mir – wie vielen anderen – aber fehlt oder nicht gelingt, ist die Verknüpfung zwischen dem Gesehenen und dem, was auf dem Teller liegt. Diese Doppelmoral ist krass: zuerst eine Kuh streicheln und dann im Restaurant Fleisch essen.
Jeder Veganuary bringt mich ein Stück weiter. Seit meinem ersten, also seit drei Jahren, esse ich jetzt schon keine Wurst mehr. Außer mal beim Frühstücksbuffet, aber privat kaufe ich Wurst nur noch für meinen Ehemann ein. Sojajoghurt ist immer zu Hause, Hummus, veganes Hack – das ist eh praktisch, denn es hält sich länger im Kühlschrank. Dieses Jahr habe ich zum ersten Mal vegane Wurst, Feta und Frischkäse gekauft und es hat alles echt gut geschmeckt – zumindest die meisten Sorten! Das fand ich super. Gerade vom veganen Feta war ich SO begeistert; das war echt die größte Überraschung. Da bin ich dir auch echt dankbar, dass du mich nochmal neu motiviert hast, die Produkte auszuprobieren, Cathrin. Die haben vor einiger Zeit noch schlechter geschmeckt bzw. gab es kaum Auswahl. Da hat sich die Industrie wirklich weiterentwickelt. Beim Veganuary mitzumachen, trägt dazu bei, dass mehr solcher Alternativprodukte in unserem Einkaufswagen landen.
Dazu ist die Bewegung auch da: Neues entdecken, offener werden, eigene und kulturelle Gewohnheiten hinterfragen. Dazu kommen dann ggf. positive körperliche Veränderungen, wie du sie schon geschildert hast. Um nochmal auf den Sport zu schwenken: Hast du im Hinblick auf deine Trainingsleistung gemerkt, dass du schwächer oder fitter bist?
Nein, ich habe keine signifikanten Veränderungen gemerkt. Es gab keine Leistungseinbußen, es hat einfach funktioniert.
Mehr muss auch gar nicht passieren. Gerade, wenn man sich vorher schon gesund und ausgewogen ernährt hat, bleibt die krasse Veränderung häufig aus. Außerdem passiert in vier Wochen auch nicht immer gleich Weltbewegendes. Nichtsdestotrotz berichtest du sehr positiv von deinen Erfahrungen mit der veganen Ernährung. Daher jetzt die etwas provokante Frage: Weshalb kehrst du zur mischköstlichen Ernährung zurück?
Ich möchte mich in sozialer Hinsicht nicht abheben, was man als Fitnesstrainerin sowieso schon oft tut. Du kennst das bestimmt: Du kommst irgendwo rein und die Leute rechtfertigen sich automatisch, was sie gerade essen. Das möchte ich nicht noch verstärken. Ich will keine Konflikte provozieren. Ein wichtiger Punkt ist auch: Mein Mann ist gelernter Koch. Er kann unfassbar gut kochen – und Fleisch zuzubereiten ist quasi ein Hobby. Er hat mir gezeigt, mit wie viel Genuss Essen verbunden ist, dass Essen Lebensfreude ist. Dass er mir so gute Gerichte zaubert, mit Hingabe zubereitet, ganz toll verziert, das ist auch ein Teil unserer Beziehung. Er selbst kocht nicht vegan, isst das aber ohne Weiteres mit, wenn ich es koche und es schmeckt ihm jedes Mal. Und hier liegt sogar meine Chance, auch mal als Köchin in unserer Beziehung zu glänzen! [lacht]
Also beeinflussen hauptsächlich soziale Faktoren sowie der Geschmack deine Entscheidung. Was müsste passieren, damit du dich weiterhin vegan ernährst?
Mir würde es einfacher fallen, wenn ich mich in der Gesellschaft nicht in eine Extrarolle versetzt fühlen würde. Wenn die ganze Welt vegan würde, dann! 😀
Wir arbeiten darauf hin! :-p Du organisierst im April auch ein Sportwochenende, das sog. Expertencamp, für sportlich aktive Menschen. Wir werden auch da sein und einen Vortrag halten zur pflanzlich-veganen Ernährung für Sportler*innen.
Ja, darauf freue ich mich schon sehr! Ich sehe das als große Bereicherung. Viele haben sich eben doch noch nicht mit dem Thema auseinandergesetzt. Das kann nochmal ein Anstupser zum Ausprobieren werden. Außerdem bin ich selbst schon ganz heiß drauf, zuzuhören und Neues zu lernen. 😉
Auch Elisa hat mich auf ihrem Blog interviewt und nach meiner Motivation für die pflanzlich-vegane Ernährung sowie die Eignung für Sportler*innen befragt. Lest selbst, weshalb ich so überzeugt von Coachings für sportlich Aktive bin: Plantbased Fitness – vegane Ernährung für SportlerInnen – Elisa Dambeck Fitness